Johann Benjamin Erhard: Schriften

»Ueber das Recht des Volks zu ein­er Rev­o­lu­tion« des Nürn­berg­er Arztes und Kan­tian­ers Johann Ben­jamin Erhard (1766–1827) ist ein Schlüs­sel­text der deutschen Rev­o­lu­tion­s­the­o­rie um 1800 und ein Werk von beson­der­er ideengeschichtlich­er Bedeu­tung. Als Klas­sik­er im Feld der Men­schen­recht­s­the­o­rie ist das Buch unverän­dert diskussionswürdig.

Erhard zählt zu den Denkern der nachkan­tis­chen Philoso­phie, die ihre the­o­retis­chen Über­legun­gen nicht in einem sys­tem­a­tis­chen Hauptwerk zusam­menge­fasst haben. Seine wichtig­sten Beiträge liegen in Briefen und Rezen­sio­nen vor. Seine poli­tis­che The­o­rie hat er allerd­ings in der Rev­o­lu­tion­ss­chrift aus­führlich­er entwickelt.

Nach der Über­set­zung von Éti­enne de la Boéties »Abhand­lung über die frei­willige Knechtschaft« arbeit­ete Erhard 1793 zunächst als Ent­geg­nung auf La Boétie eine »Prü­fung der Allein­herrschaft nach moralis­chen Prinzip­i­en« für Wielands »Neuen Teutschen Merkur« aus. Sein Ver­leger Friedrich Carl For­berg urteilte darüber: »Ich kenne nie­man­den, der über Gegen­stände des Staat­srechts mit dem Tief­sinne, und dem muti­gen Blicke philosophirt hätte […].«

Die Rev­o­lu­tion­ss­chrift set­zt diese Über­legun­gen fort. Sie wurde nach ihrem Erscheinen 1795 in mehreren Staat­en ver­boten und hat den­noch eine größere Wirkung ent­fal­ten kön­nen: In Ficht­es Recht­s­the­o­rie, Schillers Dra­men­werk oder der poli­tis­chen Philoso­phie der Frühro­man­tik find­en sich Reak­tio­nen auf Erhards Ausführungen.

Erhard arbeit­ete zunächst als Scheiben­zieher und Graveur in der Nürn­berg­er Werk­statt seines Vaters, bevor er mit 22 Jahren in Würzburg ein Medi­zin­studi­um auf­nahm. Anschließend studierte er Philoso­phie in Jena, u. a. bei Carl Leon­hard Rein­hold, und befre­un­dete sich mit zahlre­ichen führen­den Denkern wie Kant, Schiller oder Goethe. 1799 ließ er sich als Arzt in Berlin nieder. Erhard war ein radikaler Anhänger der Amerikanis­chen eben­so wie der Franzö­sis­chen Rev­o­lu­tion und wirk­te als Aktivist und Net­zw­erk­er im poli­tis­chen Unter­grund. Außer­dem gehörte er zu den deutschen Intellek­tuellen, die als Infor­man­ten des franzö­sis­chen Geheim­di­en­stes tätig waren.

Johann Ben­jamin Erhard: Über das Recht des Volks zu ein­er Rev­o­lu­tion (Philosophis­che Bib­lio­thek 771). Mit ein­er Ein­leitung, Anmerkun­gen und Reg­is­tern hrsg. von Gui­do Naschert. Ham­burg: Mein­er 2024 (ca. 172 S.).

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Erschei­n­ung­ster­min: vsl. März 2024


Fort­set­zung

Johann Ben­jamin Erhard: Schriften zur Philoso­phie und zur The­o­rie der Medi­zin. Hrsg. von Jür­gen Weyen­schops (†). Bear­beit­et und ein­geleit­et von Gui­do Naschert. vsl. Ham­burg: Mein­er 2025.

Jür­gen Weyen­schops aufwendig erar­beit­ete Aus­gabe von Erhards philosophis­chen und medi­zinthe­o­retis­chen Schriften ist seit län­ger­er Zeit angekündigt (siehe Dieter Hen­rich: Grundle­gung aus dem Ich. Unter­suchun­gen zur Vorgeschichte des Ide­al­is­mus 1790–1794. Frank­furt am Main: Suhrkamp 2004, Bd. 2, S. 1203). Sie wird nun aus seinem Nach­lass in den Druck gebracht, sobald die Finanzierung dafür gek­lärt ist. Die poli­tis­chen Schriften Erhards sind in dieser Aus­gabe bewusst aus­ge­lassen wor­den. Das Rev­o­lu­tions­buch von 1795 wird daher vor­ab eigen­ständig veröffentlicht.

Erschei­n­ung­ster­min: vsl. Herb­st 2025